Die Eifler in China

Historische Postkarte aus Deutsch-Klein-China.;
der Namen des Fotografen war witziger-
weiseTschang. Den scheint es also nicht
nur im Bekov zu geben.

Facebook fragt mich immer: Was machst du gerade? Nun denn: Ich habe mir heute Abend eine Erschreckende Dokumentation über den chinesischen Staatspräsidenten Xi Jinping und seine „Schöne Neue Welt“ angesehen. Darin wird der Fall eines chinesischen Regimekritikers geschildert. Dessen Account wurde angeblich bei Facebook für 24 Stunden gesperrt, Er hatte den Chinesischen Diktator, mit dem man ja hierzulande jahrzehntelang profitabel Geschäfte gemacht hat, kritisiert. Hat der lange Arm des Diktators selbst auf die amerikanischen sozialen Medien Einfluss?

Also wage ich jetzt mal ein gefährliches, politisches Experiment und erzähle der Welt die Geschichte von den Eiflern in China:

Zwei Eifler Bauernjungen aus dem Bekof, die in China als Soldat dienten, machten gerade auf einem Feld eine Marschpause. Da sagte einer der beiden: „Schang, d’Sonn schengt schung sching!“, worauf der andere antwortet: „Joh, schung sching schengt d’Sonn, Schang“

Der preußische Hauptmann, der den Dialog gehört hatte: „Donnerwetter: Die Eifler sind doch Teufelskerle, kaum sind sie vierzehn Tage hier, schon sprechen sie Chinesisch.“

Was die beiden jungen Männer aus der Eifel sich da in China zu sagen hatten, war: „Johann, die Sonne scheint schon schön“. Der Hintergrund für die Anekdote ist die Kolonialpolitik des Deutschen Kaiserreiches.

Kiautschou oder auch Tsingtau war ein 1898 vom Kaiserreich China an das Deutsche Kaiserreich zwangsweise verpachtetes Gebiet an der chinesischen Ostküste. Bevor das Deutsche Kaiserreich die Bucht von Soldaten besetzen ließ, war es zum Mord an zwei Missionaren gekommen, den Deutschland zum Anlass für diese militärische Intervention genommen hat. Der Pachtvertrag ging über 99 Jahre. Die Verwaltung der Bucht von der Größe des Bodensees unterstand dem Reichsmarineamt. 1898 nahmen sogar zwei neue Schiffslinien von Bremerhaven sowie Hamburg alle 14 Tage Kurs auf Deutsch-Kiautschou. Seitens der Politik hatte man große Erwartungen von dem Marinestützpunkt. Er sollte der berühmte Fuß in der Tür zum „chinesischen Markt sein. Man gründete sogar eine eigene Deutsch-Chinesische Universität, die einzige in den deutschen Kolonialgebieten. Doch die Investitionen zahlten sich nicht aus. Man nannte das besetzte Gebiet unter Zeitgenossen auch spöttisch Deutsch Klein-China.

„Unsere ostasiatische Kolonie ist, wie wir gesehen haben, kein selbständiges Wirtschaftsgebiet. Das Land, das wir von den Chinesen gepachtet haben, hat in seiner Kleinheit an sich einen geringen Wert. Wertvoll ist es erst dadurch geworden, dass wir es durch unsere Verkehrsanlagen zum Ein- und Ausfuhrhafen des Hinterlands, der Provinz Schantung, gemacht haben. Tsingtau ist also – abgesehen von seiner Eigenschaft als Flottenstation – zunächst Handelsplatz, wird aber voraussichtlich mit der Zeit, wenn sich die Provinz Schantung mehr entwickelt hat, auch Industrieplatz werden.“ hieß es in einem Beitrag der Zeitschrift KOLONIE UND HEIMAT. [1]

Kiautschou war zu Beginn des Ersten Weltkriegs durch das III. Seebataillon mit 1400 Marinesoldaten besetzt, die bei Kriegsausbruch um weitere 3.400 Mann verstärkt wurden. 1914 war dann der koloniale Traum der Langnasen aus Europa zu Ende. Ausgerechnet der spätere Verbündete Hitlerdeutschlands, Japan, besetzte das „Deutsche Hong Kong“. Die angedrohten Prügel für diese Demütigung des Kaiserreiches , wie sie sich in einer rassistischen Propagandapostkarte entluden, blieben aus.

Hier sind ein paar Bilder, die ich im Netz gefunden habe

Quellen und Anmerkungen:

Die Landschaften im Eifelkreis Bitburg-Prüm teilen sich in die Bereiche Islek und Bekov. Islek oder Ösling bezeichnet den nördlichen Teil des Landkreises, während der Bekov das „Bitburger Gutland“ meint. Über die Armut der Bewohner des Islek wurde einmal behauptet, der liebe Gott habe sich bei der Erschaffung der Welt beim Anblick der Armut der Isleker umgedreht, dabei habe er ihr Land gleich zweimal gesegnet. Auch sollen die Vögel früher im Islek auf dem Rücken geflogen sein, um das Elend unter sich nicht ansehen zu müssen.

Die Anekdote „Eifler in China“ ist nacherzählt nach Matthias Zender, einem Bonner Volkskundler, geboren in Niederweis, der zahlreiche „Steckelcher“ aus der Eifel gesammelt und aufgeschrieben hat. (Zender, Matthias (Herausgeber): Volksmärchen und Schwänke aus Eifel und Ardennen. Veröffentlichung des Instituts für Geschichtliche Landeskunde der Rheinlande der Universität Bonn)

[1] Eine Reise durch die Deutschen Kolonien. Band VI.: Kiautschou. Herausgegeben von der illustrierten Zeitschrift „Kolonie und Heimat“, Kolonie und Heimat Verlagsgesellschaft, Berlin 1912)

© Marzellus BoosMellonia-Verlagzum Newsletter anmeldenBücher über die Eifel*

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