Die Hexe von Neuerburg

Die erste urkundliche Erwähnung findet die im Ort Neuerburg gelegene Burg 1132. Im 13. Jahrhundert nutzten die Herzöge von Luxemburg eine Familienfehde des Neuerburger Grafengeschlechts, um die Herrschaft Neuerburg und die dazugehörigen Dörfer als Lehen an sich zu reißen. 1491 wurden die Manderscheider Grafen Besitzer der Burg. Sie bauten die Anlage, zu einer Festungsanlage aus, die zu ihrer Zeit trotz aufkommender Artellerie als uneinnehmbar galt. In den Reunionskriegen wurde die Burganlage 1692 von französischen Truppen gesprengt. Der Pallas wurde 1710 wieder aufgebaut. Mit dem Einmarsch französischer Revolutionstruppen endete die Herrschaft Neuerburg. Burg und Besitz des Adelsgeschlechts wurden versteigert.

Die Burg Neuerburg ist der Schauplatz der Sage „Die Hexe von Neuerburg“. An ihr kann man exemplarisch sehen, wie sich auch die zahlreichen Hexenprozesse des 17. Jahrhunderts auch im Erzählgedächtnis der Eifel erhalten haben. Die Geständnisse der Angeklagten lassen uns ahnen, zu welchen aberwitzigen Aussagen Folter und Todesangst die Menschen getrieben haben, die sich wegen angeblicher Hexerei verantworten mussten.

Die Geschichte beginnt mit dem Tod der jungen Gräfin Claudia von Leuchtenberg im Winter des Jahres 1613. Die junge Adlige war zur Vorbereitung einer gräflichen Hochzeit auf Schloss Neuerburg zu Gastund starb dort plötzlich und unerwartet in der Blüte ihres Lebens, ohne dass eine erkennbare Krankheit sie dahingerafft hätte. In der Todesnacht der Gräfin tobte ein gewaltiger Sturm im Tal, und die Tür zu ihrem Schlafzimmer hatte sich mehrmals auf unerklärliche Weise geöffnet. Zudem behauptete der örtliche Bader unter Eid, dass sich Gift im Leichnam der Gräfin befand.

Diese Umstände führten schnell zu der Vermutung, dass eine schon lange im Ruf der Hexerei stehende Frau für den plötzlichen Tod des Edelfräuleins verantwortlich sei. Sie wurde vor das Gericht von Neuerburg gestellt, wo ein Hexenprozess auf sie wartete.

Ein Bader war tätig als Barbier, Wundarzt und Naturheiler. In diesen Funktionen schoren sie Haare und Bart, versorgten Wunden, boten Körperpflege und Kosmetik an und betätigten sich als Chirurgen und Zahnbrecher. Manche von ihnen betätigten sich auch als Starstecher. Mit einer Nadel, die seitlich der Regenbogenhaut in den Augapfel geschoben wurde, operierten sie den Grauen Star ohne Betäubung und unter miserablen hygienischen Bedingungen.

Der Bader ist nur mit einer schwarzen Badehose und einer goldenen Haube bekleidet, sein Hut und der blaue Schal hängen an der Wand. Er schröpft einen auf einer Bank sitzenden Patienten mit Hilfe zweier Schröpfbecher aus Messing und einer Öllampe, mit der die Luft im Becher zum Feuerschröpfen erhitzt wird. Eine Schale liegt bereit, am Boden stehen drei Zuber mit Wasser. Illustration aus den Hausbüchern der Nürnberger Zwölfbrüderstiftung

Vor ihren Richtern legte die Angeklagte ein umfassendes Geständnis ab: Sie könne nicht klar sagen, ob sie tatsächlich physisch an den Hexereien beteiligt war oder ob es sich nur um Traumbilder handelte. Etwa vier Jahre zuvor sei sie voller Trauer im nahe gelegenen „Müllerbusch“ gewesen, als sie von einem fremdem Mann in schwarzer Kleidung angesprochen worden sei. Der habe sie aufgefordert, Gott abzuschwören und ihm zu gehorchen. Im Gegenzug würde sie reich belohnt werden.

Sie habe seinen Anweisungen Folge. Mehrmals sei sie auf die Sinzelter Höhe gegangen, wo sie gemeinsam mit anderen Hexen mit Ruten in das Wasser geschlagen hätten, um Nebel und Frost zur Zerstörung von Früchten und Obst zu erzeugen. Jeden Donnerstag sei ihr Liebhaber zu ihr gekommen und habe sie auf einem schwarzen Bock zum Schornstein hinausgeführt. Nachdem sie auf dem Dach des obersten Stadttors geruht hatten, seien sie zum Tanzplatz im Müllerbusch gegangen und hätten sich dort gar herrlich und in Freuden vergnügt; die Ausgezeichnetsten und Vornehmsten unter ihnen seien in einer mit gewaltigen Pferden bespannten goldenen Kutsche zum Tanzplatz gefahren .

In der Nacht zum 23. Januar hätten sie beschlossen, das fürstliche Fräulein zu töten. Sie hätten auf dem St. Louis-Friedhof ein neugeborenes, ungetauftes Kind ausgegraben und einen Trank daraus zubereitet. Die ganze Gesellschaft sei dann auf schwarzen Böcken zum Schloss gefahren. Ein Teil der Gruppe blieb im Gang vor dem Schlafzimmer der Gräfin zurück, während die anderen hineingingen und ihr den tödlichen Trank aus einem großen schwarzen Becher verabreichten. Die der Hexerei angeklgte Frau konnte deutlich den Ort angeben, wo sie vom Bock ab- und wieder aufgestiegen waren, obwohl sie nie zuvor im Schloss gewesen war, und empfahl zu guter Letzt Gott, ihre Seele gnädig zu sein. Die Unglückliche wurde daraufhin dem Scheiterhaufen übergeben.

Mehr zum Hintergrund der Hexenprozesse in der Eile in dem Beitrag „Mörderischer Bestseller“

Quellen:
Nacherzählt nach: Sitten und Sagen, Lieder, Sprüchwörter und Räthsel des Eifler Volkes, nebst …
herausgegeben von Johann Hubert Schmitz Trier 1856 Online:
Titelbild: Burg Neuerburg Wikipedia Lizenz Urheber Thomas Hummel

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