Napoleon in der Eifel


Kaiser Napoleon in seinem Arbeitszimmer im
Tuilerien-Palast; Jacques-Louis David, 1812 Gemeinfrei

Bis in unsere Tage beschäftigt uns die Person Napoleon Bonaparte. Es existieren unzählige Biografien, Dokumentationen und Spielfilme über den Franzosenkaiser. Sein Aufstieg reicht zurück in die Wirren der Französischen Revolution. Wenn auch die Bluttaten im Zuge dieses Ereignisses die Bevölkerung in ganz Europa schockierten und abstießen, so wurden vor allem in fortschrittlichen bürgerlichen Kreisen die Ideale der Revolution heftig diskutiert. Fest steht: Napoleon gehört zu den großen Modernisierern Europas und für die wichtigste Zeitenwende in der europäischen Geschichte. Vor allem gebildete Schichten sowie die städtische Handwerkerschaft im Rheinland waren entschieden für die Abschaffung der feudalen Privilegien. In der ländlichen Eifel zeigte das neue Gedankengut jedoch wenig Wirkung.

Als die französischen Revolutionstruppen 1794 in die Eifel vorrückten und das Rheinland besetzten, nahm das Feudalzeitalter in der Eifel ein abruptes Ende. Die republikanischen Ideen veränderten auch die Eifel nachhaltig. Adelsprivilegien wurden abgeschafft, Frondienste und Zehntabgaben fielen weg, und die Epoche des Bürgertums mit Gewerbefreiheit und freier Berufswahl begann.  Die Güter des Adels, der Erzbischöfe und des Klerus wurden verstaatlicht, Burgen, Schlösser und Klöster wurden beschlagnahmt und oft auf Abriss versteigert. Soweit die Bauern noch Leibeigene waren, wurden sie nunmehr frei und durch die Aufhebung der lehnsherrlichen und gutsherrlichen Rechte der bäuerliche Besitz in Eigentum verwandelt.

Anstelle der Klein und Kleinstterritorien etablierten die Franzosen eine neue Verwaltung, die das Eifelgebiet in  5 Departements gliederte. Unterhalb der Departements mit einem Präfekten an der Spitze richteten die Franzosen Arrondissements mit einem Unterpräfekten ein. Departements und Arrondissements waren Präfekturräte und Departementräte angegliedert, die aus gewählten, ehrenamtlichen Mitgliedern bestanden. Auf der Gemeindeebene, den Maires,  wurden Gemeinderäte gebildet, die in Gemeinden mit über 5.000 Einwohnern von der Kantonsversammlung aus den 100 Höchstbesteuerten gewählt wurden.

Eine alte Ansichtskarte des Hotels Kaiserhof erinnert an den Besuch Napoleons
in Prüm Foto: Archiv F.J.Faas, Prüm

Die Adelsgerichte wurden abgeschafft und an ihre Stelle trat eine neue Zivil- und Strafgerichtsordnung. Mit der  Besatzung öffnete sich auch der französische Binnenmarkt, was vor allem den Fabrikanten der Nordeifel neue Absatzchancen brachte und Impulse für die wirtschaftliche Entwicklung der Eifel gab. Die Einführung der 5 napoleonischen Gesetzbücher regelten bis 1900 das Gemeinwesen und werden zur Grundlage der bürgerlichen Gesellschaft. Weitere für die Eifel positive Aspekte der napoleonischen Zeit sind eine neue Strafjustiz, die auf dem Gedanken der Besserung und Erziehung Straffälliger aufbaut und die Mittelalterliche Abschreckungsjustiz mit Todesstrafe, öffentlichen Züchtigungen etc. ablöst.

Das napoleonischen Schulgesetz beseitigt die kirchliche Schulaufsicht und verlagert sie auf den Staat. Die Schulpflicht wird eingeführt. Doch leider wurden die nach französischem Vorbild auch auf dem Lande entstehenden Elementarschulen von den Bauern oft boykottiert. Die Folge war, daß sich trotz redlicher Bemühungen der Obrigkeit das Bildungsgefälle zwischen Stadt und Land weiter vergrößert.

Eine weitere Leistung der Franzosenzeit ist die gründliche militärgeographische Erfassung der Eifel. Unter dem Karthographen Tranchot entstanden 321 Meßtischblätter, die uns heute noch ein gutes Bild von der Eifel in vorfranzösischer Zeit vermitteln.

Die positiven Aspekte der französischen Besatzungszeit fanden insgesamt sicherlich die Zustimmung der breiten Bevölkerung, allerdings gab es auch weniger erfreuliche Aspekte der neuen Zeit. Zu den weniger erfreulichen Maßnahmen der französischen Herrschaft gehörte die Einführung der Realteilung. Diese führte, im Ergebnis zu einer Zersplitterung des bäuerlichen Besitzes und schwächte die ökonomische Situation der Landbevölkerung. Auch die Preußen erkannten diese Entwicklung  nicht und übernahmen das System der Realteilung.

Mit zahlreichen Dekreten schafften die Franzosen kirchliche Feiertage ab, Prozessionen und Wallfahrten wurden rigoros eingeschränkt und zahlreiche bodenständige Bräuche wurden verboten . Weltliche Feste wie das Fest der Republik, das Fest der Erkenntnis oder das Fest der Eheleute wurden an ihrer Stelle angeordnet, mit denen die bäuerliche Bevölkerung nichts verband. Solche Maßnahmen erregten Mißfallen in einer sehr stark in der Religion und dem heimatlichen Brauchtum verwurzelten Eifelbevölkerung. Die Pfarrer, die gegenüber der Bevölkerung starke Autorität und Einfluß hatten, wurden gezwungen, entgegen ihrer Überzeugung den Eid auf die Republik abzulegen. Viele Pastöre weigerten sich und nahmen stattdessen Kerker und Verbannung auf sich. Erst mit der Herrschaft Napoleons, der sich 1804 zum Kaiser krönen ließ, legte sich die Kirchenverfolgung, die auch in der Bevölkerung zu Opposition und Trotz führte.

Napoleons Soldaten; auch Männer aus der Eifel nahmen am Russlandfeldzug
teil. Aus einem Feldpostbrief: „„mir bekommen alle Tag 1 halb Pund Fleisch
und anderthalb Pund Brud, ein klein wienig Grumberre“1

Mit der Besatzung wuchs auch die Steuerlast. Die eingeführte allgemeine Wehrpflicht erfasste auch die jungen Männer, die auf den Schlachtfeldern Europas verbluteten, wo sie doch so dringend als Arbeitskraft auf ihren Hofstellen gebraucht wurden. Zwischen 1800 und 1813 wurden im Saardepartement 15.855 Soldaten rekrutiert. .2 Der Unmut der Bauern entlud sich im Raum Arzfeld im sogenannten Klöppelkrieg. Und auch anderswo waren die Eifler Dörfer durch das französische Militär und die Folgen der Kriege Napoleons belastet. „Waren es die Franzosen, die auf Vormarsch und Rückzug 1812/13 auch in den Eifeldörfern lagerten, wurde unser Landstrich auch von nachfolgenden russischen Soldaten auf dem Marsch nach Frankreich und dem Rückweg heimgesucht. Wieder wurde die ohnehin karge Ernte, Vieh und Geld requiriert; die Bevölkerung litt große Not. Der Dauner Pastor Johann Wrangel, der bereits 1795 durch die Franzosen drangsaliert wurde, starb 1814 an den Folgen der Misshandlungen russischer Soldaten, die sich in Kirche und Pfarrhaus einquartiert hatten.“ 3

Insgesamt gesehen arrangierte sich die Bevölkerung jedoch wegen der sozialen und ökonomischen Entwicklung mit der Franzosenherrschaft. Nach den Schlachten von Leipzig (1813) und Waterloo (1815) war die Herrschaft Napoleons beendet. Im Wiener Kongress von 1815 wurde die Eifel als Teil des Rheinlandes Preußen zugesprochen. Mit dem politischen Machtwechsel brach auch für den Eifelraum eine neue Epoche an.

  1. Mario Kaufmann, Martental, Feldpost, Brud und Grumberre in: Heimatjahrbuch Vulkaneifel 2015 zurück ↩︎
  2. Friedbert Wißkirchen, Mit Napoleon auf den Schlachtfeldern Europas – Eifeler Schicksale im Rußlandkrieg 1812/13 Heimatjahrbuch Vulkaneifel 2009 zurück ↩︎
  3. Friedbert Wißkirchen, Mit Napoleon auf den Schlachtfeldern Europas – Eifeler Schicksale im Rußlandkrieg 1812/13 Heimatjahrbuch Vulkaneifel 2009 zurück ↩︎

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