Der Kobold von Walporzheim

Bild: Kobold in einem Buch keltische Märchen, Gemeinfrei

Wenn du nicht ganz dich zu verstellen weißt,
So bist du jener schlaue Poltergeist,
Der auf dem Dorf die Dirnen zu erhaschen,
Zu necken pflegt; den Milchtopf zu benaschen;
Durch den der Brau mißrät, und mit Verdruß
Die Hausfrau atemlos sich buttern muß;
Der oft bei Nacht den Wandrer irreleitet,
Dann schadenfroh mit Lachen ihn begleitet.
Doch wer dich freundlich grüßt, dir Liebes tut,
Dem hilfst du gern, und ihm gelingt es gut.

So charakterisiert ist „Puck“, in der deutschen Übersetzung „Droll“ genannt, eine der lustigsten Charaktere in Shakespeares Mittsommernachtstraum. Der Gefolgsmann Oberons,des Elfenkönigs, liebt die deftigen Streiche. Er führt liebestolle Hengste in die Irre, sorgt dafür, dass kostbares Bier verschüttet wird und ist sich nicht zu schade, einer alten Frau als Stuhl zu erscheinen, der ausweicht, als diese sich setzen will. Zu allem Überfluss zaubert einem einfältigen Tollpatsch von Handwerker einen Eselskopf zwischen die Schultern. Seine Streiche sorgen nicht nur im Reich der Elfen für Verwirrung, sondern auch im Reich der Menschen für Verirrungen.

Shakespeares Puck treibt sein Unwesen in den Wäldern Athens. Aber Kobolde wie ihn gibt es überall in Europa. Da ist der Leprechaun in Irland, der gerne Menschen in die Irre führt oder sie sinnlose Sachen machen lässt. Von dem Gold am Fuße des Regenbogens will er nichts hergeben, weil er geizig und griesgrämig ist. 

Und in der Schreinerei des Herrn Eder treibt der Pumuckl sein Unwesen. Er ist verantwortlich für die kleinen Missgeschicke bei der Arbeit mit Werkzeugen, verlegt absichtlich die Brille des gutmütigen Schreinermeisters, und leimt seinen Hausherren sogar an dessen Bett fest.  

Puck, der Leprechaun und der Pumuckl gehören zu den Kobolden. Nicht alle aus dieser Gruppe der Haus- und Naturgeister sind auf Streiche aus. Manche, wie die scheuen Heinzelmännchen zu Köln, sind sympathische kleine Haushaltshelfer, die anonym bleiben wollen, sonst verschwinden sie. 

Sogar an der Ahr gibt es sie, wie den Kobold von Walporzheim, der zechende Winzer auf seine Art auf dem nächtlichen Weg nach Hause begleitet.

Gottfried Kinkel, ein rheinischer Dichter, hat uns von den Streichen des Kobolds aus dem Ahrtal erzählt.


Der Kobold von Walporzheim

Historische Gasthaus Sankt Peter in Walporzheim

Es ist so um die Mitternacht,
Kann sein,ein bisschen später,
Da öffnet sich das Pförtchen sacht 
Zu Walporzheim im Peter. 

Zwei Bauern treten aus dem Haus 
Und aus Sankt Petri Schutz heraus,
Die fürchten nicht den Kobold. 
Sie blicken erst zum Himmel auf
 Nach all‘ den schönen Sternen,
 Als wollten sie der Sterne Lauf 
Heut‘ Nacht recht gründlich lernen. 

Dann spricht der Velten : Nun frisch zu,
Bald sind wir an der bunten Kuh 
Bei dem verfluchten Kobold. 
So, pack mich nur recht fest am Arm,
Und lasst uns tüchtig schreien;
Ich hoff‘, er thut uns keinen Harm,
Denn seht, wir sind zu zweien. 
Doch wie? O weh,Gevattersmann,
Ihr fangt mir schon zu wackeln an 

du verfluchter Kobold!

Potz Wetter, ich auch spür‘ ihn schon,
Mir flirrt’s so vor der Nase;
Der Weg ist glatt,so recht zum Hohn,
 Als wär‘ er ganz von Glase. 
Gevatter Klaus,geht nur gradaus,
Seht ihr, da steht des Müllers Haus 

du verfluchter Kobold. 

Ei Velten,ihr seid nicht gescheit,
Stoßt mich nicht in die Rippen! 
Was drückt ihr denn nach rechts so weit? 
Dort ragen ja nur Klippen! 
Ich glaub‘, ich glaub‘, ich glaub‘ am End‘,
Er hat die Augen euch verblend’t,

Der ganz verfluchte Kobold! 

Gevatter Klaus,was wirret euch,
Was wollt ihr links in’s Dunkel?
Dort, seht doch, ist ja nur Gesträuch 
Und drunter Stromgefunkel!
Laßt los, ich folge meinem Kopf,
Mich oder euch hat er beim Schopf,

Der ganz verfluchte Kobold! 

Sie ließen los und auf sein Ziel 
Ein jeder eilends rannte;
Der Velten rechts – und stolpernd fiel 
Er auf die Felsenkante, 
Der Klaus ging links auf sein‘ Gefahr,
Und – platsch,da lag er in der Ahr! 

O du verfluchter Kobold! 

Dem einen strömten aus der Nas‘
Die hellen blut’gen Perlen;
Der andre tief im Wasser saß‘ ‚
Und hielt sich an den Erlen. 
So krabbelten sie beid‘ heran 
Und fanden wieder ihre Bahn 

Trotz dem verfluchten Kobold.

Und wunderbar wieder an’s Land,
Der auf den Weg gekommen,
Da war der Kobold durchgebrannt 
Und ist nicht wiederkommen. 
Sie schritten beide mit Gebrumm 
Ganz nüchtern fort,und sahn nicht um 

Nach dem verfluchten Kobold. 

gefunden in: Anthologie aus den Gedichten von Gottfried Kinkel. Mit Biographie und Porträt in: Meyers Groschen – Bibliothek Der Deutschen Classiker für alle Stände . ( „ Bildung macht frei ! “ ) Hundertſiebenundachtzigstes Bändchen , Anthologie aus den Gedichten von Gottfried Kinkel . Mit Biographie und Portrait . https://play.google.com/books/reader?id=SltlAAAAcAAJ&pg=GBS.PA33&hl=de 

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