„Maisfaalenkriemer“

Mehrfachfalle in einer Getreidemühle
Bildquelle: Wikipedia* Creative Commons Der Hexer

„Wenn man von Originalen sprechen will, dann muß ich an den Mausefallenkrämer denken, der früher einmal im Jahr von Haus zu Haus ging, um seine Ware anzubieten. Was er so zu verkaufen hatte an Mäuse-, Ratten-, Fuchs- und Iltisfallen und nebenbei an Sachen, die in der Küche als Schneebesen oder Kartoffelreibe zu gebrauchen waren, es waren Geräte aus Draht und ganz leichte Eisenwaren. Das alles hatte er sich von vorne bis hinten, von oben bis unten um den Leib gehängt, so daß man ihn als „Kaufhaus auf zwei Beinen“ bezeichnen konnte. Aus dem Geflecht von Draht und Stangen schauten ein paar schelmisch kluge Augen heraus und ein Mund, der wie aus dem Bilderbuch über alle Methoden, Tiere zu fangen, zu erzählen wußte und es dabei gut verstand, seine Ware an den Mann zu bringen. Durch an jedem Arm angebundene Schellen hörte man ihn schon von weitem und jede Maus erschrak, weil ihr Todfeind im Anmarsch war. Er hörte gleich heraus, wo sich in der letzten Zeit Tiere gezeigt hatten. So konnte er seine Fallen leicht zu Geld machen. Man konnte ihm stundenlang zuhören, wenn er über die Natur und die Tiere sprach. Fuchsteufelswild wurde er, wenn man die Tierchen mit Gift umbringen wollte. Das konnte nicht gutgehen!“[1]

Der Bericht des niederrheinischen Heimatschriftstellers Dietrich Pannekoek zeigt die große Palette der Drahtwaren, die im Ort Neroth von Kindern und Frauen im 19. Jahrhundert hergestellt wurden, um dann von den Männern bis ins ostpreußische Königsberg im Hausierergewerbe verkauft zu werden. Auf Initiative des Nerother Theodor Kläs entwickelte sich die Drahtwarenherstellung in Heimarbeit, bevor sie dann bis zum Ende des Jahrhunderts sogar eine Kleinindustrie wurde. Er hatte, so erzählt man sich, eine Lehrerstelle in Daun ausgeschlagen, und ging auf der Suche nach wirtschaftlichen Verbesserungen für sein Dorf auf Wanderschaft.

In seiner Zeit galt Neroth als der ärmste Ort im Landkreis Daun. [2] Ein Teil des Dorfes war abgebrannt, die Landwirtschaft brachte auf den kargen Böden nur wenig Ertrag, und das magere Vieh gab wenig Milch und lieferte nach dem Schlachten nur wenig Fleisch. Um über die Runden zu kommen blieb oft nur der Hausiererhandel. In Neroth geschah das mit allerhand Drahtwaren, in anderen Dörfern wie z.B. Hohenfels mit hölzernem Besteck. Während man im Sommer die bescheidene Landwirtschaft bestellte und an den Abenden die Waren für den Verkauf herstellte, wanderten die Männer des Ortes im Winter als Hausierer weit über die Eifel hinaus, um überall im Deutschen Reich die Eifler Produkte der Heimindustrie zu verkaufen.

Werner Schönhofen berichtet in einem
Beitrag für das Heimatjahrbuch des Kreises
Daun von drei Hausierern aus Hohenfels eine
schöne Anekdote: [3]

„Zur Winterszeit kamen auch dereinst drei Hausierer
in ein kleines Eifeldorf. Weil es gerade Dreikönigstag
war, wollten sie an diesem Festtag noch schnell die
Messe besuchen. Doch, o weh, sie kamen zu spät.
Der Pfarrer war mitten in der Predigt. Er musste sie
wohl bemerkt haben, denn er schaute streng zum
Eingang und rief: „Wo kamen denn die drei Weisen
her?“ Keine Antwort aus dem Kirchenvolk.
– Erneute Frage des Pastors mit gehobenerer Stimme.
Da meinte einer unserer biederen Hausierer, sie
seien gemeint und einer antwortete:
„Von Huwelsem mat hölzern Geschehr!“
(Von Hohenfels mit hölzernem Geschirr!)

An die Zeit der Drahtwarenproduktion in der „Müsfallenjäjend“ (Gegend. in der die Mausefallen hergestellt wurden) erinnert das Nerother Mausefallenmuseum. Die von der Ortsgemeinde getragene Einrichtung erinnert an die im vorigen Jahrhundert bis in die Nachkriegszeit bestehende Tradition der Mausefallenherstellung. Fahrende Händler aus dem Ort sorgten im Winterhalbjahr für den Absatz der Nerother Drahtwaren. Sie wanderten durch ganz Deutschland, um das karge landwirtschaftliche Einkommen ihrer Familien aufzubessern. Mit ihrer Ware aus der Heimat versorgten sie sich über Depots, die per Eisenbahnfracht versorgt wurden.

Zur Erinnerung an diesen mittlerweile ausgestorbenen Handwerkszweig bewahrt der Heimatverein Neroth die einzige noch im Original bestehende Werkstatt mit selbstentwickelten Maschinen und Arbeitsgeräten.

Das Museum präsentiert die verschiedenen Produktionsphasen des Drahtwarengewerbes in Neroth und stellt den gesamten Zeitraum der Gewerbeentwicklung von den 1830er Jahren bis in die 1970er Jahre dar. In den Notzeiten des vorigen Jahrhunderts griff der ärmste Teil der Bevölkerung zur Eigeninitiative und stellte in Heimarbeit die Mausefallen her. Als Fahrende Händler wanderten sie durch ganz Deutschland und besserten durch den Verkauf der Drahtwaren ihr karges landwirtschaftliche Einkommen der Nerother Bevölkerung auf.

Das Museum, das in der denkmalgeschützten Schule aus dem Jahre 1842 untergebracht ist, ist die Hauptattraktion des Ortes.

Ein Filmdokument des Landschaftsverband Rheinland zeigt die Herstellung von Drahtwaren durch einen der letzten Handwerker in diesem Gewerbe.

[1] Dietrich Pannekoek, Moers , zitiert nach Heimatjahrbuch Vulkaneifel*
[2] Die Homepage des Ortes Neroth enthält einen Bericht über die Geschichte des Mausefallenmuseums*
[3] Werner Schönofen, Die drei Weisen aus der Eifel in Heimatjahrbuch Kreis Daun, 2005*
Homepage mit Kontaktdaten und Öffnungszeiten: http://www.neroth.de/museum.htm

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