Der grüne Pütz

Auch Steine erzählen Geschichten

Es ist viel geschrieben worden über den Grünen Pütz, eine Brunnenstube zwischen den Dörfern Nettersheim und Urft im Tal der Erft. [1] Hier liegt eine der vier Quellen, deren Wasser in einer aufwändigen antiken Trinkwasserversorgungsanlage das römische Köln versorgte. Das Bauwerk gilt als eine der technisch anspruchsvollsten Infrastrukturen der Römer nördlich der Alpen.

Abgesehen von den technischen Details, der Brunnenstube, ist für mich interessant, dass die Römer mit diesem Bauwerk uns auch eine ihrer Geschichten überliefert haben. Zwei in Stein gehauene Reliefs, die jeweils das Haupt der Medusa zeigen, erinnern uns an die alte Perseussage.

Es liegt auf der Hand, dass die Brunnenfassung, eigentlich der sensibelste Teil der römischen Wasserleitung, uns heute noch damit eine Warnung mitteilt. Die Zeitgenossen der Erbauer, kannten mit Sicherheit den Kern der Sage und auch die Folgen eines potentiellen Brunnenfrevels, z.B. die Verschmutzung des Wasser oder sogar dessen Vergiftung. Auch wenn heute Filmproduktionen oder Computerspiele häufig die alten Sagenstoffe in immer neuen Varianten weiterleben lassen, will ich dem Leser meiner Seiten die alte Geschichte in Erinnerung rufen. Ich zitiere deshalb die entscheidenden Sätze Gustav Schwabs, der mit seinen Nacherzählungen der „Sagen des klassischen Altertums“ einen Bestseller des 19. Jahrhunderts geschrieben hat, der bis heute noch erfolgreich von einigen Verlagen aufgelegt wird. [2]

Statue des Perseus mit dem abgeschlagenen
Haupt der Medusa Benvenuto Cellini

Als Perseus herangewachsen war, überredete ihn sein Stiefvater, auf Taten auszuziehen und etwas Großes zu unternehmen. Der mutige Jüngling zeigte sich willig, und bald waren sie einig darüber, daß Perseus der Medusa ihr furchtbares Haupt abschlagen und dem Könige nach Seriphos bringen sollte.

Bei seiner Suche trifft er auf drei Nymphen, die ihn mit Wunderwaffen ausstatten.

„Diese [die Nymphen] waren andere Wundergeschöpfe, die Flügelschuhe, einen Schubsack als Tasche und einen Helm von Hundefell besaßen. Wer sich damit bekleidete, konnte fliegen, wohin er wollte, sah, wen er wollte, und wurde von niemand gesehen.“  und vom Götterboten Hermes erhielt er eine Sichel aus Eisen.

„So ausgerüstet flog er zu dem Ozean, wo die […] die Gorgonen, hausten. Die dritte, die Medusa hieß, war allein sterblich; darum war auch Perseus ausgesandt worden, ihr Haupt zu holen. Er fand die Ungeheuer schlafend, ihre Häupter waren mit Drachenschuppen übersäet, mit Schlangen statt Haaren bedeckt; große Hauzähne hatten sie, wie Schweine, eherne Hände und goldene Flügel, mit welchen sie flogen. Jeden, der sie ansah, verwandelte dieser Anblick in Stein. Das wußte Perseus. Mit abgewandtem Gesicht stellte er sich deswegen vor die Schlafenden und fing nur in seinem ehernen, glänzenden Schilde ihr dreifaches Bild auf So erkannte er die Gorgo Medusa heraus, Athene führte ihm die Hand, und schnitt dem schlafenden Ungeheuer ohne Gefährde das Haupt ab.“

Weil der König Atlas ihm auf seinem Heimweg das Gastrecht verweigerte hote Perseus den Gorgonenkopf aus seinem Schubsack und hielt diesem das Gorgonenhaupt entgegen, und der Riese erstarrte zu einem Gebirge:

„Groß wie der König war, wurde er augenblicklich zu Stein und in einen Berg verwandelt; Bart und Haupthaar dehnten sich zu Wäldern aus; Schultern, Hände und Gebein wurden Felsrücken; sein Haupt wuchs als hoher Gipfel in die Wolken.“

Und Perseus zieht weiter mit dem abgeschlagenen Haupt der Medusa, das ihm eine mächtige Waffe geworden ist gegen alle, die ihm feindlich entgegentreten, indem er ganze Heere zu Stein erstarren lässt.

[1] Unter einer Brunnenstube versteht man eine mit einem Bauwerk gefasste Trinkwasserquelle.
[2] Gustav Schwab: Sagen des klassischen Altertum, 1. Teil zitiert nach https://www.projekt-gutenberg.org/schwab/sagen/sch1119.html

Fahr doch mal hin!

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