Der letzte Besitzer der Burg Neuenahr, Johann von Neuenahr-Rösberg, war ein Raubritter und der Schrecken des Ahrtales.
1372 belagerten Truppen des Kölner Erzbischofs und die Neuenahrer Bürgerwehr die Anlage, eroberten und zerstörten sie. Er war der letzte Raubritter im Ahrtal. An seine Raubzüge erinnert heute noch die Sage von der „gebildeten Eiche“. Darunter versteht man keine Eiche, die eine Universität besucht hat, sondern einen prächtigen Baum, in den jemand eine Nische hineingeschnitten und eine Marienstatueltte hineingestellt hat. Man spricht auch von einem Bildstock. Ob die Eiche jetzt noch existiert, werde ich bei Gelegenheit mal herauszufinden haben. Auf die alte Sage jedenfalls bin ich bei meiner Suche nach Geschichten aus der Eifel gestoßen. Der „sagenhafte“ Baum soll im oberen Maibachtal oberhalb des Klosters Kalvarienberg stehen, und an seinem Fuß soll eine Quelle entspringen. Der Standort der zerstörten Burg war der Neuenahrer Berg. Heute steht dort ein neuzeitlicher Aussichtsturm. In jeder geschichtlichen Sage steckt ein Kern Wahrheit. Die Sage, die ich in einem alten Heimatkalender gefunden habe, erzähle ich wie folgt nach:
In einer Mainacht wandert ein junger Mann von Staffel nach Neuenahr. Unterwegs begegnet ihm eine Frau, die ganz in Weiß gekleidet ist. Sie fordert ihn auf, ihm zu folgen und führt ihn zu der alten Eiche am Waldrand. Dort stellt sie sich dem jungen Mann als die Tochter des letzten Grafen auf der Burg Neuenahr vor, an dessen Stelle sie für seine Sünden büßen muss. An der Quelle unter der Eiche müsse sie als verwünschte Jungfrau in Froschgestalt leben.
Nur in der einen Mainacht darf sie im Wald Ausschau halten nach einem Jüngling, der den Zauber brechen kann. Der muss an einem Sonntag geboren worden sein, in einer Wiege gelegen haben, deren Holz von dieser Eiche stammt ein und ein reines Herz hat. Den Zauber brechen kann der junge Mann aber nur in der Geisterstunde der Johannisnacht. Dann muss er um zwölf Uhr unter der Eiche sein.
Die weiße Erscheinung sagte: „In der Quelle werde ich als Frosch. Den goldenen Schlüssel in meinem Mund musst du mit deinen Lippen durch einen Kuss an dich nehmen. Dann wird sich sich der Zauber lösen. Ich werde mich in meine richtige Gestalt zurück verwandeln und uns wird eine glückliche Zukunft bevorstehen. Du kannst mich erlösen, denn du erfüllst alle diese Bedingungen.“
Und der junge Mann versprach, in der Zaubernacht der Johannistages, des Tags der Sommersonnenwende, zur Eiche zu kommen und die unglückliche junge Frau von ihrem Fluch zu erlösen.
Als er sich in der verabredeten Nacht mit klopfenden Herzens der Eiche fand er den Frosch mit dem goldenen Schlüssel im Munde, und um Mitternacht bückte sich der junge Mann , um durch seinen Kuss das verwunschene Burgfräulein zu erlösen. Als er aber das schleimige Maul des Frosches von Nahem sah spürte er einen kalten Hauch und der Ekel überkam ihn. Mit dem hastig gerufenen Satz: „Ich kann es nicht!“ ertönte ein Donnerschlag und ein Windstoß fuhr durch die Eiche und die junge Frau stand wieder vor ihm, diesmal jedoch ganz in Schwarz gekleidet.
„Jüngling, warum hast du mich nicht erlöst und unser Glück verdorben? Mit dem goldenen Schlüssel hätten wir den verborgenen Schatzkeller meines Vaters öffnen können. Diese Schätze hätten wir in drei gleiche Teile geteilt. Den ersten Teil hätten wir den Armen gegeben, mit dem zweiten Teil hätten wir den beraubten Klöstern und Kirchen ihr Eigentum zurückgegeben und der dritte Teil hätte uns gehört. Ich liebe dich, und hättest du um meine Hand angehalten, so hätte ich sie dir gegeben. Nun muss ich weiter als verzauberter Frosch leben.“
Und eine der Eicheln, die der Baum trägt wird im nahen Herbst zu Boden fallen, keimen und zu einem stattlichen Baum heranwachsen. Man wird ihn in einigen hundert Jahren fällen, und ein Schreiner wird aus seinem Holz eine Wiege herstellen für einen Jungen, der an einem Sonntag geboren ist. Wenn der dann seine kindliche Unschuld bewahrt bis er zu einem jungen Mann herangewachsen ist, dann wird der Tag erst kommen, wenn ich wieder eine Aussicht auf Erlösung habe. Solange muss ich als Frosch am Fuß dieser Eiche weiterleben.“ Sprach’s und verschwand. Verzweifelt über das verlorene Glück ergriff der junge Mann die Flucht und wurde nie mehr wirklich froh.
Doch er schnitzte eine Madonna aus Eichenholz, die den Vorrübergehenden anhält, für die verzauberte junge Frau zu beten und die Gottesmutter darum zu bitten, das verwunschene Burgfräulein aus Not und Bann zu befreien, weil er das nicht fertiggebracht hatte, obwohl er die Macht und die Gelegenheit dazu hatte!
Beitragsbild: Axel Hindemith / Lizenz: Creative Commons CC-by-sa-3.0 de
Quelle der Sage: https://relaunch.kreis-ahrweiler.de/kvar/VT/hjb1954/hjb1954.20.htm
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