Der Strukturwandel in der Landwirtschaft ist ein Thema, das mich auch als Nichtlandwirt mein Leben lang begleitet. Im Stall von meinem Opa, hauptberuflich Bahnbeamter, standen zwei Kühe. Für ihn war es vor allem die Selbstversorgung mit Milch, Butter und „Klatschkäs“, und ein kleiner Überschuss, der in einer verzinnten Milchkanne gesammelt wurde und von der Molkerei in Auw abgeholt wurde.
Mein Opa war einer der wenigen Nebenerwerbslandwirte in Ormont, meinem Heimatort. Die meisten Leute im Dorf lebten damals von der Landwirtschaft. Heute sind Betriebe mit 200 Kühen für Landwirte in der Milchproduktion gerade so rentabel. In Roboter-Betrieben mit ausgeklügelten High-Tec- Melkständen lassen sie sich managen, und es geht in der Milchproduktion um Zehntel-Cent-Beträge pro Liter Kuhmilch , um noch existenzfähig zu bleiben. Die „Dicken Bauern“ von früher haben schon lange aufgegeben, ihre Betriebe verpachtet, oder arbeiten noch nebenher in einem Beruf, um über die Runden zu kommen. Die Milchleistung einer modernen Hochleistungskuh liegt heute bei mehr als 30l pro Kuh und Tag.
Und die Konzentration in der milcherzeugenden Landwirtschaft ist noch nicht am Ende. „… etwa ein Viertel der Milcherzeuger dürfte im Nebenerwerb wirtschaften.“ heißt es in einer Ausgabe der Landwirtezeitung Top-Agrar aus dem Jahr 2015. Solche Bauern erzielen bereits 300000 Liter Milch im Jahr. Ein Eifeler Vollerwerbsbetrieb liegt schon bei rund 500000 Litern Milch. Heute, acht Jahre später, dürfte sich die Zahl der Vollerwerbslandwirte weiter verkleinert haben.[1]
Am Eifelort Baasem in der Gemeinde Dahlen macht die Landwirtschaftskammer NRW den Strukturwandel in der Landwirtschaft deutlich: „Heute leben in Baasem ca. 500 Einwohner, insgesamt gibt es noch 12 landwirtschaftliche Betriebe. Nach aktuellen Maßstäben sind hiervon noch 2 Haupterwerbsbetriebe, die anderen werden im Nebenerwerb oder als Hobbybetriebe geführt.“
Milchkühe sieht man nur noch selten auf dem Weideland in der Eifel. Sie stehen in großen Laufställen oder Außenklimaställen. Hier werden sie gefüttert und gemolken. Auf den Wiesen steht nur noch das Jungvieh, oder kleine Herden von Robustrindern aller möglichen Rassen. Letztere werden i.d.R. von ehemaligen Landwirten gehalten, die so ihre Flächen extensiv für die Erzeugung von Schlachtvieh nutzen.
In der Eifel sind es fast 50 Prozent der Betriebe, die die Umweltprogramme nutzen und Vertragsnaturschutz oder ihre Weideflächen extensiv bewirtschaften.
Zur Geschichte des Eifelrindes
Das gegen Ende des 18. Jahrhunderts in der Eifel gehaltene Rindvieh muss ein Bild des Jammers gewesen sein. Fachleute der preußischen Regierung beschreiben eine im ganzen verkrüppelte Landviehrasse, wie sie sonst nirgends im Königreich Preußen anzutreffen war. Die Rasse der Tiere ist nicht bekannt; man vermutet eine Kreuzung zwischen Ardenner Höhenvieh und niederländischem Niederungsvieh. Selten wog ein Tier mehr als 225 Pfund.
Das Eifler Rind war krummhornig, dünnbeinig und wies im Frühjahr tiefe Hungergruben auf. Die Haltung in feuchten und dunklen Ställen verursachte chronische Katarrhe. Auch das Futter war schlecht. Im Sommer stand das Vieh auf mageren Weiden, das Winterfutter bestand fast ausschließlich aus wenig nährstoffreichem Stroh. Im Frühjahr war das Vieh oft so schwach, dass die Bauern es auf Leitern und Gerüsten auf die Weide tragen mussten. Eine systematische Zucht wurde nicht betrieben und die Qualität des Bestandes blieb dem Zufall überlassen.
Erst unter preußischer Herrschaft begann sich nach langwieriger Überzeugungsarbeit langsam eine Verbesserung der Viehzucht einzustellen. Grundlage der züchterischen Bemühungen war das Glan-Donnersbergrind, eine Kreuzung zwischen Schweizer Gebirgsvieh und der im Hunsrück heimischen Landrasse. Als sogenanntes Dreinutzungsrind eignete es sich für Gespanndienste, erbrachte eine vernünftige Milchleistung und lieferte auch noch Fleisch. In den 30er Jahren des 19.Jahrhunderts gelangten die ersten Stiere in die Eifel. In Bitburg kaufte die Gemeinde regelmäßig Glanstiere an. 1864 wurde ein Zuchtverein gegründet mit dem Ziel, die Glan-Donnersbergrasse und Charolaisvieh aus Südfrankreich in die einheimischen Viehbestände einzukreuzen. Im Kreis Bitburg hatte sich um die Jahrhundertwende dann das Glanvieh durchgesetzt. Zuchtziel war ein semmelfarbener bis goldgelber gut bemuskelter Mittelschlag mit mäßig rotem Euter, behaarten Ohrmuscheln, rosa Flotzmaul und Stirnschopf.
Die Milchleistung steigerte sich gegenüber dem Eifelrind von 1200-1500 Liter auf 1900-2500 Liter pro Jahr bei einer gleichzeitigen Arbeitsleistung von 650 Stunden jährlich. Diese Ertragssteigerungen waren auch Ergebnis verbesserter Stallhaltung im Winter und einer nur sehr zögerlich sich entwickelnden besseren Grünlandbewirtschaftung mit dem Ziel die Qualität des Futters zu erhöhen.
Eine neue Epoche der Viehzucht begann mit der Motorisierung der Eifler Landwirtschaft. Die Gespanndienste, für die das Vieh eingesetzt wurde, entfielen. In der Folge konzentrierte sich die Eifler Viehzucht auf die Steigerung der Milchleistung.
Das Eifelrind im Urteil von Zeitgenossen
„Pferde- und Rindviehzucht ist unbedeutend. Eine magere Kuh wiegt 150 bis 200 Pfund, ein Ochse bis 300 Pfund. … Leider aber, daß die Weide an vielen Orten so kärglich ausfällt, daß die Kühe und Rinder nicht selten darauf zusammenfallen, und auf einer Leiter, wie auf einem Trauergerüste ausgestreckt, nach Hause getragen werden müssen!“
Johann Nepomuk von Schwerz, der die Eifel 1816/17 im Auftrag der preußischen Regierung bereiste
„Die Distrikte der Eifel und des Hunsrück bis an die Nahe haben größtenteils nur gemeine Zucht. Die Rinder daselbst sind grob- und langhaarig, dünnbeinig, schmalhalsig, schwach im Rücken und Kreuze, schwach in der Lende, ihre Schweife sind lang, sehr biegsam, gleichsam welk und dünn an der Wurzel, sie haben größtenteils lange, schmale dünne verdrehte Hörner, lange, plumpe Köpfe, breite Stirnen, kleine Augen, schlappe Ohren, sie haben einen langen, trägen Gang Die Kühe haben kleine, unergiebige Euter, wenig bedeutende Milchadern; ihre Farbe ist gewöhnlich die fahlrote, die falbe, die gelbe. Sie verkümmern schnell bei etwas widrigen Ereignissen im Futterzustand, gemästet erreichen die schwersten Ochsen selten ein Gewicht, das 400 Pfund übersteigt. Die gewöhnliche Schwere einer fett gemachten Kuh ist 180 bis 225 Pfund, jene eines drei Wochen alten Kalbes 30 bis 35 P]und. An dem Fleische dieser Art Tiere vermißt man das Zarte, das Schmackhafte, das Kräftige.“
Obertierarzt Settegast in einem Bericht aus dem Jahre 1833 [1]
„Vor kaum 30 Jahren war im Kreise Bitburg, wie überhaupt in der Eifel nur die Eifeler Landrasse bekannt, ein kleiner magerer Rindviehschlag in allen möglichen Farben, mit schmalen Köpfen, starken, krummen Hörnern, dünnen Beinen und meist langen, sichelförmigen, gekrümmten Klauen. In ihrem Bau hatten sie Ähnlichkeit mit den `Durhams`, mit dem Unterschiede, daß bei ihnen an derselben Stelle Knochen hervorstanden, wo bei diesen üppige Fleischmassen schwellen.“[3]
Mitteilung aus dem Jahre 1867 im Jahresbericht der Lokalabteilung Bitburg
[1] https://www.topagrar.com/dl/2/8/3/9/6/9/8/TR_006_015_02_14.pdf
[2], [3]zitiert nach: Dünnbeinig mit krummem Horn. Die Geschichte der Eifeler Kuh oder der lange Weg zum Butterberg. Hrsg. vom Arbeitskreis Eifeler Museen (AEM)
Bild 1: Autor Myself Bild2: Autor Heribert Pohl Bild 3: Landwitschaftsschule Prüm Bild 4: Landwirtschaftskammer NRW
Quellen: https://wirtschaft.eifel.info/download/lw-eifel-daten.pdf
Wer mehr über den Strukturwandel inm der Eifel im Detail wissen will, dem empfehle ich den Download nachstehender Broschüren:
Landwirtschaftskammer NRW. DATEN, FAKTEN,MEINUNGEN – LANDWIRTSCHAFT IN DER EIFEL, Düren 2013
https://www.landwirtschaftskammer.de/dueren/region/lw-eifel-daten.pdf
Landwirtschaftskammer NRW: Zeitreihen zur Landwirtschaft in Nordrhein-Westfalen 1960 bis 2017; Münster 2019
https://www.landwirtschaftskammer.de/landwirtschaft/beratung/pdf/zeitreihe-landwirtschaft-nrw-1960-2017.pdf
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