Bei meinem Studium alter Schriften über die Eifel bin ich auf einen Text gestoßen, den ich meinen Eifeltour Lesern nicht vorenthalten will.
Ein Dr. Phillip Wirtgen schrieb 1864 einen Reisebericht über die Osteifel und berichtet darin auch von seinen Erkenntnissen zu den Orten Wüstleimbach und Lederbach, unweit der Hohen Acht und des Nürburgrings. Dieses erwähnte „Wüstleimbach“ hat auf eigene Initiative 1916 seinen Namen in Hohenleimbach umbenannt. Zu sehr erinnerte der Name wohl an den Begriff der „Wüstung“. Der vorherige „Spottname“ stand für karge Felder, bittere Armut und Migration. Viele Einwohner des Ortes suchten ein neues Leben, indem sie ihr Dorf verließen und nach Amerika auswanderten.
Einer der Gründe für die Situation der Bevölkerung war ein massiver Raubbau an der Natur. Auf der westlich des Ortes gelegenen Langhard, einem größeren zusammenhängenden Waldgebiet, wurde im 18. Jahrhundert intensive Köhlerei betrieben. Noch heute erinnert dort ein Wanderweg, die Kohlestraße, daran , dass Unmengen von Holzhohle aus diesem Teil der Eifel zu den Hüttenwerken im Saarland abtransportiert wurden. Eine entwaldete, der Erosion freigegebene Landschaft war die Folge des Raubbaus, die sich in den merkwürdigen Erwerbstätigkeit der Bevölkerung im Sammeln von Kräutern zeigt. Umweltzerstörung hatte damals noch keinen Namen, aber sie hat stattgefunden.
„Welch ein Abstand das heidereiche Plateau von Wüstleimbach und das Rheinthal bei Neuwied und Coblenz! Auf jenem berechnete man noch vor kaum dreissig Jahren den durchschnittlichen Reinertrag eines Morgen Landes zu acht bis neun Silbergroschen; auf diesem den Reinertrag zu ebenso vielen Thalern. Auf jenem Plateau geniesst der Bewohner wenn es hoch kommt, an den Kirchweihtagen ein Glas Branntwein ; in dem Rheinthale trinkt der Ackersmann sonntäglich seinen Schoppen Moseler, der meist in einer nicht ganz geringen Qualität verabreicht wird.
An dem östlichen Ende des Plateaus von Wüstleimbach haben sich die drei Quellbäche der Nette vereinigt und dieselbe fliesst nun durch ein tiefes und enges Thal ab. Das Plateau ist vorherrschend von Heide bedeckt und besitzt nur wenig Wald- und Wiesenland und geringen Anbau. Die Dörfer Wüstleimbach und Lederbach fristen hier ein ärmliches Dasein. Viele ihrer Bewohner ziehen als Kesselflicker, Korbflechter und Musikanten durch das Land. Ein Haupterwerbzweig besteht in dem Einsammeln der Heidel- und Wachholderbeeren, der Tannnesseln (Galeopsis ochroleuca Lam.) zu Lieber’schem Thee, der Arnica, des Bärlappmehls und anderer Arzneistoffe. Die Heidelbeeren gehen meist nach den Rothweinfabriken, die Arzneipflanzen an grössere Händler der benachbarten Stadt Mayen.“
Dass Hohenleimbach keine Ausnahme, sondern in der armen Eifel des 19. Jahrhunderts die Regel war, was die Folgen der Umweltzerstörung, wozu ich auch die Armut der Bevölkerung rechne, zeigt der Blick des Wanderers von der Hohen Acht.
Es ergibt sich in der Nähe nur der Anblick einer großartigen Öde, einer drückenden Einsamkeit: die bewohnten Orte sind meist in den Tälern versteckt. Ansprechender Wechsel ist nicht vorhanden. [1]
Und zu seinem Zeugen beruft er den Dichter Johann Gottfried Kinkel, der genau diesen Eindruck in Verse gefasst hatte.
Die Hochacht
Hier Blick ins Land hinab – furchtbare Schau!
Ein Heideland ringsum in weiten Bogen,
die Nähe schwarz, die Fernen duftig blau
unendlich vor den Blicken hingezogen.
Dort recken sich des Berglands Ketten aus
Bis zu den lichten Höh’n des Moselgaus.
Und hier die Ebenen, die in blassen Streifen
Einförmig flach hinab zum Nordmeer schweifen.
Hinterlasse jetzt einen Kommentar